Schlaflos auf Ibiza
Auch ein Berufspessimist braucht mal Urlaub. Emil Michel Cioran verbrachte zu diesem Zweck den August 1966 in Talamanca, einem Örtchen auf Ibiza. Die ersehnte Erholung jedoch blieb ihm verwehrt. Zu stark fühlte er sich unter der spanischen Sonne von allen Gebrechen geplagt, die auch sonst seine Literatur ausmachten. Und so liest sich das Tagebüchlein »Aufzeichnungen aus Talamanca« wie ein Konzentrat der Cioranschen Themen der Verzweiflung: Die Verdammnis des Scheiterns, das Leiden an der Langenweile, der Fluch der Erkenntnis, die körperliche Malaise und nicht zuletzt die Qualen der Schlaflosigkeit.
Nacht für Nacht treibt sie den Anti-Philosophen in die Bettflucht, lässt ihn traurig am Strand umherstreichen und immer wieder bedenklich nahe an den Rand der Klippen gehen. Bald haderte er mit der Insel, die er einst so liebte: »Ibiza bekommt mir genauso schlecht wie Valldemossa Chopin. Mit Nerven wie den meinigen verlässt man nicht den Norden«. Doch auch vor Paris und den Torturen der Jahreszeiten in gemäßigten Breiten graut es ihm. Denn einerseits entsprängen die meisten seiner »Leiden der Kälte«, andererseits flößt der Frühling ihm »Selbstmordgedanken ein wie auch der Sommer.« Es gibt kein Entkommen. Der Jammer ist groß. Aber Leiden auf solchem Niveau bietet auch vorzügliche Unterhaltung. Das »Cahier« aus Talamanca ist ein wahres Vademecum voller tiefsinniger und aberwitziger Sentenzen. Letztlich verbirgt sich hinter derart ausgestellter Überdrüssigkeit eine unwillkürliche Komik, so dass selbst der gefürchtete »Cafard«, die beklemmende Melancholie, mitunter wie ein lausiger Kobold erscheint.
Cioran, der nie ein Philosoph, gar Systematiker sein wollte, war vielmehr ein dunkler Aphoristiker und ein Poet des Trübsinns. Nur manchmal fand er so etwas wie Trost in der Musik – und in Landschaften: »Ibiza liegt vor mir. Ich habe im Innern die ungarischen Klagelieder gesummt, die mir zu allen Landschaften zu passen scheinen«.
Nacht für Nacht treibt sie den Anti-Philosophen in die Bettflucht, lässt ihn traurig am Strand umherstreichen und immer wieder bedenklich nahe an den Rand der Klippen gehen. Bald haderte er mit der Insel, die er einst so liebte: »Ibiza bekommt mir genauso schlecht wie Valldemossa Chopin. Mit Nerven wie den meinigen verlässt man nicht den Norden«. Doch auch vor Paris und den Torturen der Jahreszeiten in gemäßigten Breiten graut es ihm. Denn einerseits entsprängen die meisten seiner »Leiden der Kälte«, andererseits flößt der Frühling ihm »Selbstmordgedanken ein wie auch der Sommer.« Es gibt kein Entkommen. Der Jammer ist groß. Aber Leiden auf solchem Niveau bietet auch vorzügliche Unterhaltung. Das »Cahier« aus Talamanca ist ein wahres Vademecum voller tiefsinniger und aberwitziger Sentenzen. Letztlich verbirgt sich hinter derart ausgestellter Überdrüssigkeit eine unwillkürliche Komik, so dass selbst der gefürchtete »Cafard«, die beklemmende Melancholie, mitunter wie ein lausiger Kobold erscheint.
Cioran, der nie ein Philosoph, gar Systematiker sein wollte, war vielmehr ein dunkler Aphoristiker und ein Poet des Trübsinns. Nur manchmal fand er so etwas wie Trost in der Musik – und in Landschaften: »Ibiza liegt vor mir. Ich habe im Innern die ungarischen Klagelieder gesummt, die mir zu allen Landschaften zu passen scheinen«.
E.M. Cioran: Aufzeichnungen aus Talamanca, weissbooks Verlag 2008, 63 S., 12 €
Anousch - 6. Sep, 23:22
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